5. Dezember 2018

Lyrische Krümel

Gott –

Wolken reiben ihre Bäuche an den Häuserstirnen grau.
Man könnte meinen, aus Gnade – um den öligen Tau
des Lebens auf sich zu nehmen.
Doch welches Haus wird dadurch sauber?
Mich in meinem Fenster, mich kann Er nicht trügen:
Er drückte Seine schrecklichen Augen, Sein Gehör für das Schweigen
in meinen Leib, machte mich Ihm gleich, stellte sich
aus Eitelkeit in mir zur Schau.
Ich glaube, Er hängte auch meiner leichten Seele
den Schleier der Schwermut an, damit ich verstehe,
warum der Himmel nicht ohne den Trost der Erde sein kann.

*

Ein Mann –

Als hätten deine Hände ihr Magnetenwirken
an den Strom der Zeit verloren –
so hölzern treiben sie auf meiner Haut.
Ich, im lichterlosen Grund der Erde,
verschraub mich ins Metallischwerden,
Frucht der kalten Venus, schrumpfgeboren.

*

Eine Frau –

Sie flutet an und reißt sich mit
allem Losen wieder an sich,
bringt und nimmt sich nie als Gleiche.
Heißblütige Medusa! Deine Haare
haben Hunger – doch wo landet
ihre Scheiße?

*

Ein Vorsatz –

Morgen entlasse ich all meine Taschentücher –
die Knittrigen und die gefalteten Jungfrauen – in den Wind.
Sie sollen mir aus dem Himmel winken,
wie großmütig ich bin.

*

Ein Geheimnis –

Sie hat mir anvertraut, sie hat Kirschkerne im Bauch,
weil sie als Kind nicht immer artig war.
Es kitzeln sie Zweige – krallenspitze, flaumweiche –
wer-weiß-wie-vieler Bäume unter der Haut.
Wütet in ihr der Sturm, ritzen sie blutigen Regen
Nach innen auf.

*

Ein anderer Mann, eine andere Frau –

I wake up to a dead mouse in my shoe ~
with guilt-glooming eyes you admit, it was you.
You’d call her an attractive woman, all in all.
So it was a reasonable thing to do.
And now she’s gone. She’s dead to you.
I’m not hurt. My foot is anointed
with the mush of another woman’s hope.
And selfishly I think it’s dope
that she has disappointed.

geschrieben von Jenny-Mai Nuyen - Veröffentlicht in Blog

Kommentare

2 thoughts on “Lyrische Krümel

  1. Geborgenheit – Verlorenheit – Heimat – Fremdsein
    Deine Stimme hallt in mir wider,
    suggeriert Vertrautheit ohne Kennen.
    Verschiedensein und zugleich Einssein.

    Ein kleines Licht erwacht in weißer Winternacht,
    nährt sich aus dem Nichts und ist zugleich Etwas.
    Schwarze Männer halten einsam gemeinsam Wacht,
    verlieren zu Hauf ihr Leben – grausamer Aderlass.

    Fremdsein – Gleichheit – Schwester – Bruder
    Der Sinn deiner Worte ist mir schleierhaft
    und doch finde ich mich in ihnen wieder,
    zugleich desillusionierend: Meine Gedanken wurden bereits gedacht.

    Frühlings Freude lässt das kleine Licht wachsen,
    wachsen zur großen Flamme der Sehnsucht.
    Selten erfasst man das Wesen alles haltender Achsen.
    Trifft mich häufig zu früh des Lebens innewohnende Wucht.

    Bruder – Freundin – Geist – Seele
    Weisheit ist unteilbar und doch finde ich sie bei anderen gleichermaßen.
    Oder finde ich sie nur bei anderen, aber nicht bei mir?
    Wann gibt es endlich kein „Ich“ mehr, nur noch ein „Wir“?

    Fühle ich seligen Sommer um sich greifen,
    große Flamme wird zu entfesselter Feuersbrunst.
    Wann kann ich das Geheimnis von Weisheit begreifen?
    Dauert es bis zum Aufsteigen des letzten Dunst?

    Seele – Tod – Leben
    Finde ich letzten Endes doch zurück zu einem gütigen Geist?
    Sind all die Jahre des Lebens nur die Rückkehr zu mir selbst?
    Welch deprimierende Erkenntnis!

    Letztendlich will ich nur beim Klang deiner Stimme einschlafen … erfülltes Sein.

    1. Wer bist Du?
      In meinem Leben lernte ich viele Wesen kennen,
      fürchten und auch lieben.
      „Am Ende handeln alle Geschichten von der Liebe“,
      halt in mir nach –
      Nein, ich hoffe nicht.
      Wer bist Du?

      Wer bist Du?
      Fremdsein – jenseits der Worte
      Ich verstehe vieles nicht,
      weil es vermutlich im Unbewussten liegt
      und ich es nicht greifen kann.
      Fremdsein – jenseits des Offensichtlichen
      Wer bist Du?

      Wer bist Du?
      Vertrautsein – in gelesenen Worten,
      ich verstehe wenig,
      aber dieses Wenige besitzt mehr Substanz
      als viele Wesen, die ich meine zu kennen.
      Vertrautsein – in Worten zwischen den Zeilen
      Wer bist Du?

      Ich falle in die Dunkelheit,
      um hoffentlich irgendwann ans Licht zu kommen,
      um mich selbst zu verlieren und andere zu finden –
      irgendwann…
      doch dich werde ich nicht finden,
      das habe ich verstanden
      Ich falle in die Dunkelheit.

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